Feldbergs Töchterlein war bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts eine Sonntagsbeilage des Markgräfler Tagblatts (heute im Besitz des Verlagshaus Jaumann). Hier veröffentlichte Onkel Fritz Kuder (geb. 1897 / gest. 1983) am 14. März 1969 diese Geschichte über das Leben und Arbeiten im Winter zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf dem Dinkelberg.

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Viel Spaß beim Lesen einer weiteren Geschichte.

 

Mit Fritz Kuder von Adelhausen nach Schopfheim

Ehe das Frühjahr ins Land zieht, blicken wir in den winterlichen Arbeitskalender der Bauern. Mit diesem Beitrag will ich Ihnen nicht einen Slalomlauf von Adelhausen nach Maulburg oder einen Langstreckenlauf: Adelhausen-Hoh Flum-Schopfheim schildern.

Nach der exakten Weihnachtsbeichte vom "Joggeli" wollen wir uns wieder etwas realeren Dingen zuwenden, wollen zeitlich zurückwandern in die Epoche um die Jahrhundertwende und die Jahre danach, wollen alte Sitten und Bräuche und alte Arbeitstechniken, die die Jugend von heute nicht mehr kennt, und die sich im Spätherbst und Winter im Dorfe abspielten, noch einmal aufleben lassen, der Jugend zur Kenntnisnahme, den "Alten" als liebe Erinnerung.

Wenn im Sommer und Herbst Äcker und Wiesen abgeerntet, der Heu- und Öhmdstock die Gährungswärme gut überstanden, wenn das noch ungedroschene Getreide -damals noch viel Hafer für die Stadt- und Militärpferde und viel Korn für den Eigenbedarf auf der "Prügi", der "Fürbühni" oder auf dem "Rechen" gelagert, auf seine Weiterbehandlung wartete, begann für den Bauer die Winterarbeit.

-Der Name "Prügi" kommt wohl von dem "Prügelboden", also einem Boden aus Tannenrundhölzern (Prügel), die lose nebeneinandergelegt den "Prügiboden" bildeten, der für das darauflagernde Erntegut gut luftdurchlässig war, so die Gährungswärme milderte und bei feuchtgeerntetem Gut die Fäulnis verhütete.

-Die "Fürbühni" (Feuerbühne) war in früherer Zeit bei Hausbränden wohl oft der Brandherd. Sie lag (auch heute noch) über dem Wohnraum des Hauses mit der Küche, in der sich auch der Holzherd und der Brotbackofen befanden. Unter der unteren Kaminöffnung befand sich die "Hurd", ein längliches Gewölbe mit der Höhlung nach unten, in der der Speck, mittels Weidenruten an runden Stangen befestigt, hing, und in die der Herd- und Backofenrauch geleitet wurde. Der mit Sägemehl oder Nußschalen vorgeräucherte Speck blieb das ganze Jahr über in der Hurd hängen und wurde durch die Dauerräucherung allmählich ganz schwarz. Von der Küche aus wurde der Kamin durch den "Fürbühniraum" und "Rechenraum" nach oben zum Dach geleitet. Bei der früheren Lehmmauerung war und befindet sich oben in der Dachspitze, er wohl nicht immer ganz dicht und hat das um ihn gelagerte Getreide oder Stroh durch Funken in Brand gesetzt. Daher der Name: "Fürbühni".

Die "Hurd" ist heute verschwunden, aber die Kaminanordnung ist auch heute in fast allen Bauernhäusern noch zu finden.

-Der "Rechen" ist der oberste Lagerboden etwa 2-3 m unterhalb des Dachfirstes. Woher der Name kommt, weiß ich nicht. Auf ihm wurde gewöhnlich die Gerste gelagert oder das Stroh, das der neuen Ernte Platz machen mußte.

In diesem "Rechenraum" befindet sich auch oberhalb einer vom Scheunenboden aus senkrecht nach oben führenden Steigleiter das gedrechselte Seilrad aus Holz, in das zur Aufnahme eines endlosen Aufzugseiles eine halbrunde Rille ausgehoben wurde. Mit Hilfe dieses Aufzugseiles, das auch heute noch von Hand bedient wird, wanderte das schwere, ungedroschene Getreide durch das "Prügi"- oder "Rechenloch" seinem Besimmungsort zu, eine harte Arbeit, so ganze Wagenladungen von Hand hinaufzuziehen. Das vom Mähdrescher ausgespuckte Stroh wird auch heute noch mittels dem "Prügiseil" vielfach so nach oben befördert, da es leicht ist, auch mit dem elektrisch betriebenen Heuaufzug.

Nachdem man nun die "Dickrüben" untergebracht, die Kartoffeln sortiert und im Keller gelagert waren, der Most im Faß war, begab man sich an das Dreschen des Getreides, und das muß ich Ihnen etwas näher schildern, denn die frühere Art des Dreschens kennt man heute nicht mehr.

Vor und um die Jahrhundertwende wurde das ganze Getreide noch mit "Dreschflegeln" gedroschen. Damit es schneller vonstatten ging, wurden meist vier starke Männer (auch Mädchen und Frauen) mit diesen Dreschflegeln bewaffnet. Der Flegel selbst war mittels eines Lederriemens an einem runden Stiel lose befestigt. Er mußte sich beim Dreschen drehen lassen.

Nachdem nun das Getreide, das zuvor mit einer Sichel oder Sense von Hand gemäht und von Hand weggenommen, links und rechts an der Scheunenmauer entlang mit den Ähren zur Bodenmitte hin gelagert war, konnte es losgehen. Die Drescher, an den vier Ecken eines Rechteckes postiert, entstammten, wenn Not am Mann war, z. T. der "Nachbarschaftshilfe" und waren ziemlich einheitlich gekleidet: derbe Schuhe, eine Baumwollhose, ein kariertes oder gestreiftes Baumwollhemd, früher ein weißes Leinenhemd mit Stehbördchen, einem graugrünen "Barchettschopen" und die obligatorische schwarze "Zipfelchappe".

Jetzt wurde zuerst in die Hände gespuckt, dann ging es los. Bei verschieden starker Besetzung hörte es sich so an: Bei zwei Dreschern: 1 -2 --, bei drei: 1 -2 -3, 1 -2 -3, bei 4: 1-2-3-4- (die Schlagfolge war schneller). Mehr als vier Drescher konnte man nicht gebrauchen, sie hätten sich sonst gegenseitig auf die Flegel gehauen, die nach jedem Schlag sowieso zum Körper hin angezogen werden mußten. Bei dieser Arbeit kam es öfters vor, daß einer der Drescher ein bis zwei Schläge aussetzte, um sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirne zu wischen oder in die rechte Handfläche zu spucken. Diese "Speu" war ein gutes Bindemittel zwischen Hand und Flegelstiel.

Daß dieses Handdreschen mit zu den anstrengendsten landwirtschaftlichen Arbeiten gehörte, brauche ich wohl nicht besonders zu erwähnen. Am Abend hatte niemand von ihnen eine Schlaf tablette nötig. Zu der Arbeit kam noch der Staub, der von Zeit zu Zeit mit Hilfe von Most entweder aus dem Mund oder in den Magen befördert wurde.

Dann kam die kleine Hausdreschmaschine
Nach der Jahrhundertwende kam dann die kleine Hausdreschmaschine. Sie war etwa 1 m breit und 1,5 m lang und wurde lange Jahre auch von zwei starken Männern von Hand angetrieben. Die "Einlegerin" hatte es in der Hand, die "Drüller" zu ärgern, wenn sie viel Dreschgut in die Maschine schob. Aber es konnte ihr auch passieren, daß sie nach einem ruckartigen Stillstand der Maschine alles festgefressene wieder herausziehen mußte. Was beim zweiten oder dritten Stillstand von den "Drüllern" kritisch durch die Gegend geschleudert wurde, darf ich hier nicht erwähnen.

Später bediente man sich des Göpelantriebes. Auf der Göpelplatte, die die Form eines großen, runden Blechbüchsendeckels mit einem Durchmesser von etwa 1,2 m hatte, war ein Holzbalken von 3 bis 4 m Länge befestigt, an dessen anderem Ende eine Zugwaage für die Ochsen hing. Durch ein Zahnradgetriebe wurde eine Rundeisenstange (eine Welle), die bis zu 12 m lang war, in Drehbewegungen versetzt. Sie reichte vom Hausvorplatz bis hinten in einen Schopf oder die Scheune. Mit Hilfe eines Riementriebes, von der Welle zur Dreschmaschine, wurde letztere angetrieben und erlöste damit die "Drüller" von ihrer anstrengenden Arbeit.

Vielfach lag etwa die Hälfte des kreisrunden Marschweges der Zugochsen auf der Straße. Bei dem heutigen Straßenverkehr wäre eine solche Arbeitsweise gar nicht mehr möglich.

Bei dieser Art des Dreschens waren mindestens 4 bis 5 Helfer erforderlich. Am Abend war die ganze Belegschaft schwarz wie Überseebesatzungskinder und alle hatten den "Pfnüsel" (Schnupfen), aber den Humor verliert die Bauernjugend auch bei einer so anstrengenden Arbeit nicht. Für ein Späßchen mit Vorübergehenden war sie immer zu haben. Kam eine hübsche Maid vorbei und foppte den Strohwellenbinder, so konnte es ihr passieren, daß sie von ihm eingefangen und mittels Seegrasband mit in eine Welle gebunden und auf dem Wellenstapel vor dem Hause niedergelegt wurde. Dann mußte sie erst mal um Verzeihung bitten, vielleicht noch mit einem Küßchen, um aus diesem ungewollten Bett befreit zu werden. Vielleicht rieb er ihr auch noch mit seinem schwarzen Dreschergesicht den Staub auf ihre feingewaschenen, rosigen Wangen.

Das Stroh wurde wieder mit dem "Prügiseil" auf den neuen Lagerplatz befördert. Die gedroschene Frucht mußte mittels einer "Rändle", einem handgetriebenen Gebläse, von Staub und "Üsel" (Ährenabfall) befreit werden. Vor diesem Handbetrieb hatten wir Buben immer Angst, denn wir waren die "Drüller" dieses Ungetümes. Durch diese krachmachende Scheunenarbeit, die im Winter überall zu hören war, ging für uns so manches Rodeln oder Schlittschuhlaufen in die Binsen.

So wurde früher gedroschen. Heute geht dies alles viel schneller und ringer mit dem Mähdrescher. Schon auf dem Felde wird die ganze Arbeit erledigt, Staub und Schnupfen gibt es dabei auch nicht mehr, wohl etwas an Kernverlusten und an Geldverlusten, denn diese Dreschart ist teuer. Das dafür nötige Geld konnte man früher wegen der geringeren Erträge und des Kinderreichtums nicht aufbringen.

Speiseöl aus Eigenproduktion
In den damaligen Zeiten haben die Bauersleute ihr Speiseöl aus eigenen Rohstoffen gewonnen. Das Angebot dieser Zutat war auch nicht so groß wie heute und ehrlich gesagt: man hatte auch nicht das nötige Kleingeld dafür, man war sparsam. Das Haushaltsgeld war knapp, die größeren Summen lagen wohlverwahrt im Eckschränkchen in einer getrockneten Schweinsblase oder im
"Ziäh-am-riäme" (so nannte man scherzhaft einen Lederbeutel, der mittels zweiseitigem Ziehen an einem Doppelriemen verschlossen wurde und die Gelder für größere Anschaffungeng enthielt). Man versuchte, soviel Öl wie möglich aus der eigenen Wirtschaft herauszuholen, aber für die vielen "Chnöpfli", "Pfannechüechli", "Strübli", "Waffle" und "Chirsichüechli" war viel erforderlich.

Für die Eigengewinnung standen sowohl Pflanzen- als auch Baumfrüchte zur Verfügung. So wurde damals noch viel "Raps", auch "Lewat", "Reps", "Biewitz" und "Kohlsaat" genannt, angepflanzt. Schon die alten Germanen kannten ihn als Kulturpflanze, aber auch in urgeschichtlichen Siedlungen Norddeutschlands fand man überreste von Rapssamen. In der Blütezeit sah man die herrlichen hellgelben Rapsfelder. Der geerntete Raps wurde gedört und mittels Drechflegel gedroschen. Aus dem Samen gewann man durch Pressen das "Raps- oder "Rüböl", das sowohl als Speiseöl wie auch als Schmieröl und im Öllämpchen Verwendung fand. Der Preßrückstand (Rapskuchen) diente als Futtermittel.

Der Hauptlieferant für das Haushaltöl war jedoch der" Walnußbaum", auch "Welschnußbaum" genannt. Er ist der größte unter den Feldbäumen. Der" Welsche Nußbaum" erreicht eine Höhe bis zu 25 m und ein Alter bis zu vierhundert Jahren. Im Herbst, wenn die grünen Umhüllungen der Walnüsse schwarz geworden waren und aufsprangen, sah man (auch heute noch) Männer mit langen Stangen in den Bäumen herumgeistern, die diese kostbaren Früchte von den Ästen schlugen und schüttelten. Die geernteten Nüsse wurden auf dem „Schopfboden" zur Trocknung gelagert und bis zum Winter verwahrt, wo dann die Kerne beim "Nußusmache" aus den Schalen herausgeholt wurden. Dieses "Nußusmache" wurde zu kleinen Feiern gestaltet. Nachbarsbuben und -mädchen (auch Verwandte) waren willige Helfer.

Unter einem Petroleumslicht saßen sie alle um den Stubentisch, auf dem auf einer Sackunterlage ein oder mehrere Backsteine, in die Runde verteilt, lagen. Sie waren der "Amboß", auf dem die Nüsse aufgeklopft wurden. Damit die Unterhaltung und die Fröhlichkeit nicht zu kurz kamen, standen ein "Chrüsli" voll Most und eine Flasche mit Kirschwasser ebenfalls auf der Tischplatte. Die Wirkung blieb nicht aus, denn recht bald kam eine lebendige Unterhaltung in Gang, man sang Volkslieder, erzählte lustige Begebenheiten, dazwischen labte man sich am Most und am Kirschwasser, das zu den Nußkernen und dem selbstgebackenen Bauernbrot recht gut schmeckte. Diese Tätigkeit erstreckte sich bis nach Mitternacht und endete manchmal auch noch mit einer kleinen "Schmützlerei".

"Prisegass" und "Brunnegass" sind steile Stellen der Dorfstraße und so mancher, der auf der "Prisegass" die Kurve nicht bekam, landete aufs "Glasers" Misthaufen, der dafür genau an der richtigen Stelle steht und weich ist. Über Tag wurden die Bahnen von den Kindern bevölkert und abends von den "Größeren". Die einen saßen hintereinander auf dem Schlitten, die anderen in Reiterform (einer lag auf dem Schlitten und der zweite saß auf seinem Rücken). Zu den "Größeren" zählten die schulentlassenen Mädchen und Jungens und auch Ältere. Die Burschen setzten das Mädel quer über den Schoß, wobei das Mädchen einen Arm um den Hals des Burschen legte, und das war den Junglandwirten gerade recht. Aber so manch ein Pärchen landete kopfüber im Schnee, und bei so manchem Pärchen schoß bei dieser Gelegenheit der Amor seine ersten Pfeile, die sehr oft für das ganze Leben im Herzen stecken blieben. Also hat der Wintersport nicht nur Freude, sondern auch brauchbare, reale Dinge vermittelt.

Der erste richtige Skiläufer in unserer Wintereinöde war der Sohn vom früheren Adlerwirt, Kirchhofer, der sich als Wahlheimat Freiburg ausgesucht hatte. Er kam mit den langen Brettern im Winter regelmäßig ins Dorf. Wir damaligen Kinder liefen hinter ihm her und bestaunten seine Künste, nicht ohne stillem Wunsch im Herzen. Daß ich im 1. Weltkrieg ausgerechnet beim Gebirgsjäger- Skibataillon Freiburg, landen würde, hatte ich damals noch nicht geahnt. Bei einem vierwöchigen Skikurs auf dem Feldberg lernte ich dann richtig Skilaufen. Man hat die kleinen Jägerchen dabei nicht geschont.

Wenn wir schon beim Skilaufen sind, dürfen wir den einmal kleinsten Skiläufer des Dorfes, 's "Tönis Alfredli" nicht vergessen. Als der Alfred, heute noch ein guter Sportler und ein angesehener Bürger unserer Gemeinde, kaum gehen konnte, stand er schon auf den Brettern, die für ihn die Welt bedeuteten. Sein Skigebiet waren die Steilhänge des "Lochgartens", eine Mulde hinter unserem Hause. Jeden Tag, solange Schnee lag, war er da. Keine Stelle war ihm zu steil, er bewältigte sie, und wenn er auch stürzte. Das passierte ihm wohl ein Dutzend mal an einem Tage. Wenn er mittags und abends nach Hause kam, mußte ihn die Mutter erst mal auftauen, denn er war nur noch ein Schnee- und Eisklumpen, einschließlich Kindergesicht. Die Kleider hing man am Abend an den Herd, damit der kleine Sportler am nächsten Morgen wieder starten konnte. So war der "Alfredli" das kleine Sportwunder des "Lochgartens". Vielleicht war ihm diese frühe sportliche Tätigkeit auch Ansporn und Leitgedanke für seine spätere Sportbetätigung. Heute gibt er seine Kenntnisse an die Jugend des Dorfes weiter, er ist ein guter Kraftsportler.

Vergessen wir nicht, daß zum Wintersport auch ein Waldspaziergang bei Schnee gehört. Alleine muß man sein, um das Wunder des Waldwinters zu genießen. Die schneebehangenen Bäume zaubern Märchengestalten in die Landschaft, wenn man sie mit innerster Seele betrachtet, fühlt man etwas Gotttesnähe, ein Geschenk für jeden, der es sucht.

Nachdem ich nun versucht habe, Ihnen so einen Dorfwinter Anno dazumal mit seinen Erscheinungsbildern zu schildern, möchte ich Ihnen ein anderes Ereignis, das für uns Kinder ein kleines Weltwunder war, nicht vorenthalten. Wenn es mit dem Winterleben der Landleute auch nicht direkt in Verbindung stand, so gehörte es doch viele Jahre zum Erscheinungsbild in der Schneezeit.

Eine muntere, naturliebende Gesellschaft, etwa 20 bis 30 Damen und Herren aus Basel, stattete unserem Dörfchen, das ja auf der Kuppe des Dinkelberges liegend, eine herrliche Fernsicht auf den Schwarzwald, den Hotzenwald, die Vogesen, die Schweizer Vorberge und die Berner Alpen gestattet, zur Schneezeit alljährlich Besuche ab. Diese Tour in die Südschwarzwaldlandschaft wurde nicht mit einem Kraftfahrzeug -es gab ja damals nur wenige -, nicht mit der Bahn, sondern mit 5 bis 10 bespannten Schlitten bewältigt. In jedem dieser schönen, holzgeschnitzten Schlitten saßen dick eingemummt in Decken und Pelze die Damen und Herren der winterliebenden "Schwyzer", und als Gespann dienten zwei rassige, muntere Pferdchen, das Geschirr reichlich mit Glöckchen bestückt. Man hörte es schon von weitem, wenn der Schlittenzug, den die Kinder liebten, auf das Dorf zukam, zeigte er ihnen doch mal etwas anderes als das immer wiederkehrende Einerlei des Dorfes. Es war dann, als hätte man mit einem Stock in einem Ameisenhaufen gestochert. Die Kinder liefen, so schnell sie ihre Füßchen trugen, hin zur Hauptstraße, um bei dem für sie einmaligen Bild ja nichts zu versäumen. Freudig winkten sie den hohen Dorfgästen zu, die ihrerseits mit dem Kopf nickten oder die Pelz- oder Wolldecken zum Dank bewegten.

Ihr Ziel war immer der Gasthof "Adler", der damals noch vom alten "Chillofer" geführt wurde. Wenn er in der Woche mit seinem Schlitten nach Lörrach fuhr, wußte man, daß sich die noble "Schwyzergesellschaft" bald einfinden würde. Er kaufte "Güggeli" oder "Wild" ein, die dann nach einem Spaziergang auf die "Tannhöhe", von wo man die weite Schneelandschaft bewundern konnte, bis zum letzten Rest verspeist wurden. Die Rückfahrt lockte die Kinder noch einmal an die Hauptstraße, und vorbei war der Spuk, aber die Nachfreude blieb und hielt bis zum nächsten Male.

Mit dem Beginn des 1. Weltkrieges hörten diese Schlittenpartien plötzlich auf und wurden auch danach nie mehr wiederholt. Schade! Heute besuchen uns die Basler mit dem "Wägeli", und essen auch noch gerne "Güggeli" und "Wild", aber die schöne Romantik von damals fehlt und wird nie mehr wiederkehren.

So, nun habe ich vevsucht, Ihnen so einen Dorfwinter Anno dazumal zu schildern, hoffentlich haben Sie von unserem damaligen Erleben und der Dorftätigkeit etwas behalten. Der Dorf jugend wünsche ich in der Heutzeit ebensoviel Freude, wie sie uns damals geschenkt wurde. Ihr "Alten" aber, legt von den Erinnerungen etwas in's "Zipfelchäpli", damit sie Euch noch etwas erhalten bleiben. "Grüß Gott" und "Ski Heil !"