geschrieben von Daniel Kähny

"Verdrängt, vertrieben, ermordet." so lautet der Titel eines Buches der Universität Mannheim über "Opfer von NS-Verfolgung an der Handelshochschule Mannheim" (ISBN: 978-3-95505-478-6).

Was hat das Buch mit unserem Blog zu tun? Einer der verdrängten war Heinrich Kähny junior. Er war Absolvent dieser Hochschule und übernahm ab 1927 dort eine leitende Funktion. 2024 hatte mich der Autor der Biografie von Heinrich aufgrund dieser Webseite kontaktiert. Karl-Heinz † und ich hatten ihn darauf beim Lebenslauf unterstützt.

In diesem Buch findet man die Biografien von Lehrkräften, Studierenden, Hochschulangestellten und Ehrenwürdenträger der Hochschule, die dem NS-System zum Opfer fielen und teilweise ermordet wurden.

Über Heinrich berichtet der Mannheimer Morgen Nr. 30 vom 6 Februar 1958 aus Anlass seines 70. Geburtstages.

"Direktor Dr. Kähny war streng, geradlinig, unter Umständen auch unnachgiebeig, aber erzeigte stets warmherziges Verständnis und Tatkräftige Hilfsbereitschaft. Wegen seines aufrechten, lauteren, uneigennützigen Charakters stand er in hohem Ansehen, nur nicht bei den neuen Machthabern."

Heinrich jr. wurde am 6. Februar 1888 in Adelhausen als jüngster Sohn von Heinrich senior geboren. Er studierte von 1907 bis 1909 am Lehrerseminar in Meersburg und von 1909 bis 1911 an der Handelshochschule in Mannheim. Die Prüfung als Diplomhandelslehrer legte er erfolgreich im September 1911 ab. Die Ergebnisse wurden im General-Anzeiger der Stadt Mannheim vom 5.10.1911 veröffentlicht.

Nach kurzen Anstellungen in Karlsruhe und Sinsheim, bekam er kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges eine feste Anstellung als Handelslehrer in Mannheim. Am 6.August 1912 heiratete er Rosa Rahm aus Hilsbach. Ihre Kinder Fritz, Heinrich Walter, Willi Paul und Rosemarie hatte ich als Kind bzw. Jugendlicher teilweise noch persönlich kennengelernt.

Über den Werdegang Heinrich junior erfahren wir durch die Recherche von Julian Schmiedel in seiner Semesterarbeit zur Archiv- und Quellenkunde doch einige Fakten, die bisher so nicht bekannt waren. Mit Erlaubnis von Frau Eichfelder zitiere ich ein paar Passagen aus der Biografie im Buch.

"Wenig später wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Nach Kriegsende kehrte Kähny, der inzwischen verheiratet und Vater zweier Söhne war, in die akademische Welt zurück und schloss eine Promotion im Fach Nationalökonomie an der Universität Frankfurt an. Das Thema seiner Dissertation lautete: „Drei Dörfer des badischen Dinkelberges. Eine sozioökonomische Studie", in der er die Lebensverhältnisse, Erwerbsstruktur, aber auch Sitten und Gebräuche seiner südbadischen Heimat untersuchte. Mit dem Doktortitel und der praktischen Berufserfahrung qualifizierte er sich für Leitungsaufgaben. 1927 wurde Kähny zum Direktor der neuen Handelsschule II für Mädchen und 1932 der höheren Handelsschule I für Knaben ernannt. Zudem übernahm er vom Wintersemester 1930/31 an einen Lehrauftrag der Handelshochschule, wo er eine zweistündige Vorlesung über „Kaufmännische Geschäftstechnik" hielt. Dieser Lehrauftrag stand nach der sogenannten „NS-Machtergreifung" zur Disposition. Doch Kähny verlor nicht nur diese mit 900 RM pro Semester dotierte Tätigkeit, sondern auch sein Direktorenamt an der Handelsschule. „Da er sich nicht mehr als Führer einer Handelsschule eignet, beabsichtige ich, ihn als Studienrat an einer der beiden Mannheimer Handelsschulen zu beschäftigen", lautete die auf der Grundlage von § 5 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums getroffene Entscheidung des Kultusministeriums. Kähny hätte unter diesen Bedingungen seine sofortige Versetzung in den Ruhestand beantragen können, die mit weiteren finanziellen Einbußen verbunden gewesen wäre. 1937 ging der verdiente Pädagoge dann doch vorzeitig in Pension. Mit den veränderten Verhältnissen konnte er sich wohl nicht arrangieren."

Quellenangaben:

Angela Borgstedt / Sandra Eichfelder (2024). Verdrängt, vertrieben, ermordet. verlag regionalkultur. ISBN: 978-3-95505-478-6.

Mannheimer Morgen Nr. 30 vom 6.2.1958 Seite 4