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Geschrieben von Daniel Kähny und Max Schlenker (Teil 1)

Im Jahre 1830 gab es in Adelhausen als einzige Wirtschaft den Adler, betrieben vom Kilhofer Wirt. Nach dem wir ja bei der Gastwirtschaft zur Sonne in Gersbach gelernt haben, wie eine Beantragung einer Wirtschaftsgerechtigkeit (Konzession) im Großherzogtum funktioniert, sind wir im Staatsarchiv Freiburg auf die Akte B740/1 Nr. 2366 (Gesuch um eine Realwirtschaftsgerechtigkeit in der Gemeinde Adelhausen) von 120 Seiten Umfang gestoßen, die die Beantragung einer Gemeinde-Wirtschaftsgerechtigkeit in Adelhausen dokumentiert, mehr oder weniger erfolgeich. Aufgrund des Umfangs wird auch diese Geschichte in mehrere Teile aufgeteilt. Sie zog sich über fast zwei Jahre hin.

Vor etwa 130 Jahren schrieb der damalige Vogt Kuder an das Großherzogliche Bezirks Amt:

 

"In der Anlage folgt die Bitte um gnädige Verleihung einer Gemende Wirtschaft Gerechtigkeit von einem Hoch Löblichen Bezirksdirektorium. Die Großherzoglich Wohllöbliche Bezirks Amt wird auch noch gehorsamst gebeten um gutächtliche und wohlgefällige Beförderung an die betreffende Hofstelle.

Adelhausen. den 28ten Dezember 1830

Vogt Kuder"

Vogt Kuder hat vielleicht erahnt, dass dieser Vorgang nicht so einfach durchgehen würde. Dieses einfache Schreiben hat einen Adelhuser Tsunami ausgelöst, der sich über zwei Jahre hinziehen wird, das ganze Dorf Adelhausen mit einbezieht und eine Akte mit 120 Seiten füllt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es Meinungsverschiedenheiten mit dem Adlerwirt gab. Denn am 10. Januar 1831 begibt sich der Adlerwirt auf das Bezirksamt in Schopfheim, meldet seine Bedenken an und legt dar, dass eine zweite Wirtschaft der Gemeinde wenig Nutzen bringt. Dies wird in einem offiziellen Protokoll festgehalten. Das Bezirksamt weiß nun nicht so genau, was es tun soll. Der Klerus ist sicher eine gute Anlaufstelle ;-). Es bittet nun das katholische Pfarramt in Eichsel zu dieser Sache und speziell zur Moralität Stellung zu nehmen. Der damalige Pfarrer Fischer verfasst daraufhin am 26. Januar ein zweiseitiges "Guthachten". (Anmerkung für diejenigen, die gerne alte Schriften lesen: Pfarrer Fischer hat ein sehr gut lesbare Handschrift)

"An das wohllöbliche großherzogliche Bezirksamt Schopfheim
das
Großherzogl: Pfarramt Eichsel
 
Das großherzogliche Amt verlangt von dem Pfarramt das Guthachten, ob die Ausstellung einer Wirtschaftsgerechtigkeit im Dorfe Adelhausen die Moralität nicht beeintächtige.
 
Beantwortung
 
Obwohlen wohlbesellte Wirtschaften überhaupt nothwendig und nützlich erachtet werden, so sind denoch zu viele Wirtschaften auf dem Lande sowohl in politischer als auch moralischer Hinsicht bestimmt schädlich. Die Ursachen sind handgreiflig; den je mehr Wirtschaften, desto mehr Gelegenheiten zu mancherleyen Sittenlosigkeiten und Schwelgereyy wodurch manche Familien mit Weib und Kindern in äußerste Armuth gesetzt, Haus und Hof, Acker und Matten durch die Gurgel gejagt werden, ebenso auch das nothwendigste Geschäft des Seelenheils ganz ausser Acht gesetzt wird. Man könnte gewiß ein ganzes Sünden Register aufstellen, wozu die zuvielen Wirtschaften in einem Orte die nächste Veranlassungen waren.
Die vorliegende Petition des ehrsamen Ortsgerichtes zu Adelhausen um Ausstellung einer neuen Gemeind Wirtschaftsgerechtigkeit mag wohl die üble Folgen der hierausstehenden Immoralität nicht beachtet haben."
 
Es deutet sich schon an, dass Pfarrer Fischer kein Freund einer zweiten Wirtschaft in Adelhausen ist. Im nächsten Abschnitt wird es konkreter und der Adlerwirt Kirchofer wird ins Spiel gebracht.
 
"Auf dem vom Adlerwirt Anton Kirchhofer zu Adelhausen aufgegebenen und von dem großheroglichen Bezirksamt den 10. Jänner 1831 aufgenommenen Protokoll leuchten schon mehrere Lichtfunken hervor, welche dem Ansichten des Orts Gerichts in Betracht einer neu aufstellenden Gemeinds Wirtschaft nicht günstig läuten; eben so muss Pfarrer als Seelsorger seiner Pfarrey immer die Verminderung der Sittemlosigkeit zum Augenmerk  nemmen, und in diesem Betracht kann es zur Vermehrung der Trunk Gesellschaften in der Pfarrey Eichsel keineswegs das Wort sprechen, in dem diese schon so viele Haushaltungen in das Verderben gebracht, und noch bringen. "
 
Und nun kommt der geistliche Lobgesang auf den Adlerwirt.
 
"Anton Kirchofer Gastwirth zu Adelhausen in der Umgebung hiesiger Gegend in Betracht seiner guten Bedienung der Gästen gar zu wohl bekannt als daß man mehrere davon anrühmen sollte. Das Protokoll sagt selbst, dass er nicht aus Gewinnsucht die Wirtschaft führe, ja noch manchen selbst vom überflüssigen Verzehr abhalte, und zu besserer Sorge für seine Haushaltung an mahne.
 
Er ist zwar nur der einzige Wirth in der Vogtey Adelhausen aber doch kein Zwang Wirth, jedem steht es frey sein Geld zu verzehren wo er will. - Es ist noch eine Wirthschaft zu Obereichsel und eine zu Niedereichsel, also 3 Wirthschaften in der Pfarrey, also zur Abwechslung der Gäste hinlängliche Gelegenheit. Es wäre zwar wünschlich, daß die Gemeind Kasse von der Gemeinds Wirthschaft einen jährigen Zubey von 20 oder 25 Gulden erhielt, aber das Pfarramt ist der Meinung, daß ein unkultivierter Bauernwirth neben dem geschickten Wirth Kirchofer in Adelhausen nicht bestehen werde. Die Erfahrung wird es beweisen wenn noch eine gemeinds Wirthschafts Gerechtigkeit in Adelhausen genemiget würde.
 
Das Pfarramt kann also der ... Ausstellung einer Wirthschaftsgerechtigkeit in Adelhausen in Betracht der nachtheiligen Moralität keineswegs als Seelsorger beystimmen, vielmehr ist dessen Wunsch, das Wirthschaften viel mehr vermindert, als vermehrt werden.
 
Eichsel, den 23 Jänner 1831  Pfarramt G. Fischer"
 

Diese klare und eindeutige Stellungnahme greift das Bezirksamt in einem weiteren Schreiben an das Direktorium des Dreysam Kreises vom 31. Januar auf. Am 15. Februar 1831 ergeht folgender Beschluss:

"...

Beschluss

Dem Bezirksamt Schopfheim unter ... seiner Akten zur weiteren Eröffnung zu rescribieren daß abgelegtes Gesuch abgewiesen werde.

... "

Man könnte nun vermuten, dass der Kilhofer Wirt gut Beziehungen zum Bezirksamt in Schopfheim und zum Pfarrer hat und keine Konkurrenz wollte. Das werden wir in einer der nächsten Folgen näher untersuchen. Resignation auf der Gemeindeverwaltung in Adelhausen? Bei Weitem nicht. Was ein richtiger Adelhuser ist, der gibt nicht so schnell auf. Davon mehr im nächsten Teil.

Quelle: Gesuch um eine Realwirtschaftsgerechtigkeit in der Gemeinde Adelhausen (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-2061882)